Vor ein paar Wochen stieß ich zufällig auf einen von der Volkshochschule angebotenen Bierbraukurs ein paar Dörfer weiter. Auch wenn ich ja nun im vergangenen Jahr den Einen oder Anderen Liter selbst gebraut habe, wollte ich das Ganze wirklich noch mal von einem Profi von Grund auf lernen. Zum Beispiel wollte ich diese ganze Maisch-Geschichte mal machen, die ich mir ja durch meine Extraktbrauweise bisher gespart hatte. Und auch sonst wollte ich einfach ein bisschen an Sicherheit gewinnen, was das Heimbrauen betrifft.
Das ist alles geglückt, der Kurs hat für mich also gehalten, was er versprochen hat. Und ich fand den Kurs insgesamt gut genug, um auch anderen Bock aufs Brauen zu machen – und das haben einige der 9 übrigen Kursteilnehmer auch so gesagt.
Das ich selber da schon gewisse Erfahrungen hatte, habe ich nicht groß erzählt. Ich wollte es ja noch mal von vorn bis hinten lernen. Inhaltlich habe ich dann zwar trotzdem nicht so viel dazu gelernt aber das war ja zu erwarten. Es hat sich trotzdem gelohnt. Und dabei weiß ich noch nicht mal, wie denn nun das Bier – ein „Heller Bock“ – geworden ist, denn das braucht jetzt noch einige Wochen.
Wie klein die Bierbrauerwelt so ist, hat mir der Kurs auch gezeigt. Der Brauer des 2-Mann-Betriebes „De Lütte“ (nur einer davon braut, der andere kümmert sich um grafische Angelegenheiten rund um die Vermarktung des Bieres und ist ansonsten „stiller Teilhaber“), den der Gründer als „ausgeufertes Hobby“ bezeichnet, was so charmant wie zutreffend ist, hat nämlich vor langer Zeit gemeinsam mit den späteren Gründern von Crew Republic, die heute eine echte Größe auf dem deutschen Craft-Beer-Markt geworden sind, einen ersten IPA-Prototypen für und mit den Münchnern gemacht. Auftrag war damals – Jahreszahl habe ich vergessen aber es war ein Zeitpunkt, zu dem unser Brauer noch nie was von IPA gehört hatte – ein IPA zu machen, aber eben aus deutschen Hopfensorten. Coole Story!
Der Brauer arbeitet in der Astra-St-Pauli-Brauerei. Das ist eine Art Craft-Beer-Labor für Holsten, bzw. Carlsberg, hat aber Erfahrungen in Brauereien verschiedener Größe überall auf der Welt gesammelt. Ein erfahrener Mann also. Und ein lustiger Dude, der den Kurs locker und so richtig schön stressfrei gegeben hat. Gefiel mir sehr.
Als Hobbyprojekt wird in der Brauerei nur ca. einmal im Monat gebraut und es werden hin und wieder eben Kurse gegeben oder Verkostungen veranstaltet. Man kann aber auch mit 2 Wochen Vorlauf zum Beispiel ein Fass Bier für seine Party ordern oder so.
Der Kurs läuft so ab, dass es morgens um 8 losgeht. Und es geht direkt nach dem Einteilen in drei Gruppen (die jeweils ein unterschiedliches Rezept brauen werden) wirklich relativ unvermittelt mit dem Einmaischen los. Es wird nicht viel dazu erklärt, nur das Nötigste. Das hat natürlich zeitliche Gründe und es macht nichts, dass man die Details und die Biochemie hinter dem Ganzen erst im Anschluss erfährt.
Die Theorie wird also sozusagen während der Rasten vermittelt. Und zwar während des bestens vorbereiteten Frühstücks.
Während des darauffolgenden Brauens geht die Theorie dann noch etwas weiter, gleichzeitig findet aber auch noch eine mehrstufige Verkostung statt. Die hat mir sehr gut gefallen, auch wenn ich mich sehr zurückhalten musste, da ich mit dem Auto da war. Aber probieren geht natürlich.
Was mir an der Verkostung gefallen hat ist, dass sie ähnlich aufgebaut war, wie ich sowas aufgezogen hätte. Man hat gemerkt, dass hier ein paar Vorurteile aus der Welt geschafft werden sollten. Ein gutes Mittel dazu sind immer Blindtests. In einem ersten Test sollte man drei Pils miteinander vergleichen, über die uns nur gesagt wurde, dass es eben alles Fernsehbiere seien. Als Tipp gab es dann noch, dass zwei der drei das Gleiche waren. Ich hatte zwar eine leichte Tendenz zum richtigen Bier, dass eben „das andere“ war aber drauf wetten hätte ich nicht wollen. Verglichen wurden hier Krombacher und Radeberger. Scheiße, die schmecken wirklich praktisch identisch.
Der zweite Test war noch härter. Da gab es fünf zur Auswahl und als Tipp gab es nur, dass Nummer fünf nur so halb als Pils durchgeht, der Rest aber schon, eins davon aber irgendwie „besonders“ sei. Wir kamen alleine drauf, dass die Besonderheit wohl Alkoholfreiheit sein könnte. Das zu identifizieren war nicht unmöglich aber auch nicht einfach. Die übrigen waren dann Becks, Jever und Oettinger, während das „Pils, das keins ist“ als die „De Lütte“-Hausmarke vorgestellt wurde. Die aber auch vor dieser Enthüllung gut ankam und auch mir hervorragend geschmeckt hat. Die coolere Lektion dabei war aber natürlich das, was ich eigentlich schon seit Jahrzehnten zu meinem persönlichen Mantra erklärt habe: Der Preis definiert nicht, ob ein Bier was taugt. Oettinger hat einen komischen Ruf, ist aber kein schlechtes Bier. Zumindest nicht schlechter, als gängige Fernsehbiere. Mit Sicherheit also auch nicht schlechter als Becks (mit persönlich gefällt es sogar besser als Becks). Würde ich so einen Blindtest aufziehen, ich hätte unbedingt auch irgendeine vermeintliche Billigplörre mit reingenommen.
Die letzte Probierrunde war dann eine mit verschiedenen Spezialbieren. Zum Beispiel ein extrem dunkles oder belgisches Kirschbier, es gab aber auch eines, in dem 12 Jahre in Rum gelagerte Trauben gebadet haben. Wir durften auch verschiedene Ergebnisse vorangegangener Braukurse kosten und wow, da waren tolle Sachen bei. Ein 5-Liter-Fässchen Barley Wine schaffte der Kurs nebenbei komplett.
Der Kurs lief so an die 8 Stunden. Ohne echte Pause. Braucht man auch nicht, wenn es so entspannt und abwechslungsreich abläuft. Rezepte und Brauanleitung gibts später noch per E-Mail und das selbstgebraute Bier kann man sich wie bereits erwähnt eben in einigen Wochen abholen. Und ich glaube ich werde mir dann auch ein paar Flaschen „De Lütte“ im örtlichen Edeka kaufen – wo es heute leider ausverkauft war.
Fazit: Für insgesamt 90 Euro gab es nicht nur ziemlich viel Bier zu trinken (wenn man nicht grade mit dem Auto da ist…), haufenweise zu Essen nebenbei und natürlich einen theoretischen und praktischen Braukurs, sondern auch insgesamt einen lehrreichen, unterhaltsamen Samstag. Naja, und natürlich fünf Liter selbstgebrautes Bier.